DON JUAN
EIN PSYCHOANALYTISCHES ESSAY

DEVID KESLER

Eines Tages, es war in einer privaten Bibliothek, stieß ich zufällig auf Notizen der Donna O. Diese vornehme Spanierin wurde in ihrer Jugend von Don Juan verführt, dann verlassen. Aber trotzdem verband die beiden eine enge Freundschaft. Don Juan war ihr gegenüber offenherzig und ehrlich, und er erzählte ihr das, was er vor anderen verbarg. Der Don Juan der Donna O. war nicht nur der große Verführer der Frauen, er war auch ein Chamäleon aus Liebe. Donna O. legte keine bestimmten Beweise darüber vor, weil sie, wie sie selbst schrieb, Angst davor hatte, diese kämen in die Hände unwürdiger Menschen, die dem Namen des geliebten Mannes Schande bringen könnten. Die Notizen der Donna O. verwunderten mich so, dass ich mich entschloss, mich mit allen Geschichten über Don Juan zu beschäftigen und sie, sozusagen, mit anderen Augen zu lesen.

Alle Autoren, die über Don Juan geschrieben haben, waren davon überzeugt, dass er im Prinzip Frauen nicht mochte und die meisten von ihnen zur Liebe zwang, sie sozusagen vergewaltigte. War er ein Sadist?

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